Bei einem Verkehrswertgutachten wird der aktuelle Verkehrswert bzw. Marktwert einer Immobilie ermittelt. Dieser Verkehrswert stellt nach § 194 BauGB den aktuellen Marktwert dar, welcher beim Verkauf der Immobilie durchschnittlich erzielt werden kann. Das Verkehrswertgutachten nutzt zu dieser Ermittlung verschiedene Verfahren (Ertragswert-, Vergleichswert- und Sachwertverfahren), die sich aus der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) ergeben. Je nach Objektart und Datenlage können die Ermittlungsverfahren einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen.
Verkehrswertgutachten werden benötigt bei:
Ein Verkehrswertgutachten hat im Vergleich zu einer meist kostenlosen Online-Wertermittlung große Unterschiede. Die Online-Wertermittlung, wie sie häufig auf verschiedenen Internetseiten angeboten wird, greift lediglich auf allgemeine Anhaltspunkte zurück, wie z. B. den Bodenrichtwert, die Grundstücksgröße, vorhandene Mietflächen oder den Quadratmeterpreis in einer Spanne von ca. 40 % Wertdifferenz, bezogen auf Angebotspreise der letzten Monate oder Jahre. Häufig sind diese Faktoren aber nicht individuell auf das Objekt abgestimmt und letztendlich zu oberflächlich, um einen stabilen und vor allem belastbaren Wert für die Immobilie zu definieren. Außerdem muss die Online-Bewertung weder begründet, noch marktgerecht abgeleitet werden und unterliegt keinen anerkannten Standards.
Ein Verkehrswertgutachten hingegen berücksichtigt eine tiefergehende Ermittlung. So erfolgt eine ausführliche Besichtigung und Dokumentation der Immobilie, die durch eine detaillierte Beschreibung und objektspezifische Anlagen ergänzt wird. Es enthält also nicht nur den Bodenrichtwert, sondern analysiert darüber hinaus, ob beispielsweise aufgrund von Belastungen oder Wegerechten ein Zuschlag oder Abschlag auf den entsprechenden Bodenwert vorgenommen werden muss. Es berücksichtigt unter anderem auch den Objektzustand, dessen Ausstattungs- und Ausführungsmerkmale sowie laufende Mietverträge. Außerdem unterliegt ein Verkehrswertgutachten einer Reihe von Mindestanforderungen, die durch verschiedene Verordnungen und Gesetze vorgegeben sind. Aus einem Verkehrswertgutachten resultiert somit eine begründete und transparente Ermittlung der zugrundeliegenden Wertansätze, die sowohl für fachfremde als auch für fachspezifische Leser verständlich und nachprüfbar sind. Um ein marktgerechtes Verkehrswertgutachten zu erstellen, wird zudem die Qualifikation als Sachverständiger benötigt.
Die Aufgaben von Immobilienmaklern und Sachverständigen unterscheiden sich erheblich. Ein Immobilienmakler kümmert sich um die Vermittlung einer Immobilie und agiert als Schnittstelle zwischen Verkäufer und Käufer. Dabei ermittelt der Makler zu Beginn den Verkaufswert (Preis) der Immobilie. Diese Ermittlung stellt jedoch keine Wertermittlung im Sinne eines Verkehrswertgutachtens dar und hat vor Gerichten, Finanzämtern und Behörden keine Anerkennung. Sie dient in der Praxis lediglich zur ersten Einwertung der Immobilie. Außerdem hat ein Immobilienmakler für seine Tätigkeit bzw. seine Wertermittlung keine Sachkunde nachzuweisen.
Ein Sachverständiger hingegen ermittelt durch ein Verkehrswertgutachten den Verkehrswert der Immobilie. Ein Verkehrswertgutachten gemäß § 194 BauGB wird beispielsweise für Erbschaft-und Schenkungssteuerzwecke, für die Aufhebung von Gemeinschaften (Ehen, Gesellschaften) oder An- und Verkaufsentscheidungen benötigt. Der Sachverständige berücksichtigt für das Verkehrswertgutachten einer Immobilien tiefgreifende Informationen, fertigt zusammenhängende Berechnungen an und erstellt das Verkehrswertgutachten unter Einhaltung geltender Richtlinien sowie gesetzlicher Vorgaben. Ein Verkehrswertgutachten durch einen Sachverständigen dient unter anderem auch als Grundlage für Gerichte, Finanzämter und Behörden. Der Tätigkeit als Sachverständiger wird eine entsprechende langjährige Erfahrung in der Immobilienwirtschaft vorausgesetzt. Der Begriff „Sachverständiger“ ist nicht geschützt, jeder kann sich so bezeichnen. Es bestehen jedoch verschiedene Qualifikationsnachweise. Einer der wichtigsten Qualifikationsnachweise ist die Zertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024.
Nach der europäischen und internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17024 können Personen zertifiziert werden. Die Norm regelt die Anforderungen an die Stellen, die Sachverständige zertifizieren. In Deutschland ist die Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) die oberste Hierarchiestufe der Zertifizierungsstellen. Die besondere Qualifikation der zertifizierten Sachverständigen gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 ergibt sich unter anderem aus der Tatsache, dass sie sich grundsätzlich einer strengen schriftlichen und mündlichen Prüfung zu unterziehen haben, dass ihre Gutachten einer ständigen Überwachung unterliegen und dass eine Rezertifizierung spätestens alle 5 Jahre zu erfolgen hat.